Aktion »1933-1945 Nachgegraben« – 40 Jahre danach ist ein Projekt des Aktiven Museums Faschismus und Widerstand in Berlin und der Berliner Geschichtswerkstatt in Kooperation mit der Stiftung Topographie des Terrors.
Treffen der Arbeitsgruppe in der Gedenkstätte Deutscher Widerstand am 6. November 2024, im Bild Cornelia Siebeck und Leonie Teuffert. / Copyright: Ulrich Tempel / Stiftung Topographie des Terrors
Die Aktion »1933-1945 Nachgegraben« ist fest im institutionellen Gedächtnis der Kooperationspartner verankert. Zugleich wird sie immer wieder prominent genannt, wenn es um die Geschichts- und Gedenkstättenbewegung in der Bundesrepublik der 1980er Jahre geht.
Im Lauf der Jahre förderten Recherchen der Stiftung Topographie des Terrors eine umfangreiche fotografische Überlieferung der Grabungsaktion zutage, die Fragen aufwarf: Wer waren eigentlich all die Menschen, die auf den Bildern abgebildet sind? Was hat sie im Mai 1985 motiviert, sich an der Grabungsaktion zu beteiligen? Und wie blicken sie heute auf diese Aktion zurück?
Sabine Weißler und Stella Flatten (auf der Bank) beim Kollektiven Grabungsworkshop von Stella Flatten im Rahmen von „Radical Playgrounds“ am 8. Juni 2024 vor der Westfassade des Gropius Baus. / Copyright: Stella Flatten
Am Ende war es eine aktuelle erinnerungspolitische Intervention, die uns auf die Idee brachte, diesen Fragen einmal systematischer nachzugehen. Im Sommer 2024 lief rund um den Gropius Bau das Kunstprogramm »Radical Playgrounds«. Im Zuge dessen realisierten die kollaborative Kunstplattform »The School of Mutants« und die Geografin und Künstlerin Stella Flatten die Installation »The Dig«: Unter Berufung auf die Grabungsaktion von 1985 erinnerten sie am Ort des ehemaligen Museums für Völkerkunde an unsichtbare Kolonialgeschichte.
Als wir zudem feststellten, dass die Aktion »1933-1945 Nachgegraben« sich 2025 zum 40. Mal jähren würde, beschlossen wir, ihr eine Online-Ausstellung zu widmen. Im Oktober 2024 haben wir ehemalige Aktivist:innen in die Räume der Berliner Geschichtswerkstatt eingeladen, um über die Aktion zu sprechen und anhand der Fotos weitere Beteiligte zu identifizieren.
Am 23. Oktober 2024 treffen sich Beteiligte an der Aktion »Nachgegraben« mit anderen in den 1980er Jahren Aktiven und der Arbeitsgruppe, um Personen zu identifizieren und über den Ablauf der Aktion zu sprechen. / Copyright: Cornelia Siebeck
Denjenigen, die dazu bereit waren, haben wir anschließend Fragen zu ihrem damaligen Erleben und ihrer heutigen Einschätzung der Aktion gestellt. Darüber hinaus haben wir die wichtigsten orts- und erinnerungsgeschichtlichen Kontexte rekonstruiert. Im April 2025 haben wir uns mit zentralen Protagonist:innen auf dem Gelände des heutigen Dokumentationszentrums Topographie des Terrors getroffen. Dabei ist Videomaterial entstanden, das wir in die Ausstellung integriert haben.
Vorgespräch am 10. April 2025. Treffen auf dem heutigen Gelände der »Topographie des Terrors« am 12. April 2025 mit Udo Gößwald (roter Pullover), Jürgen Karwelat und Sabine Weißler am Ort der Aktion »Nachgegraben«. Leonie Teuffert von der Arbeitsgruppe führt das Gespräch. / Copyright: Ulrich Tempel / Stiftung Topographie des Terrors, Fabian Hickethier BAR PACIFICO/
Mit unserer Online-Ausstellung wollen wir der Aktion »1933–1945 Nachgegraben« ein virtuelles Denkmal setzen. In Zeiten des (nicht nur erinnerungs-)politischen Backlashs wollen wir zugleich dazu aufrufen, sich auch weiterhin für ein kritisches Geschichtsbewusstsein einzusetzen – ohne das eine demokratische und solidarische Gesellschaft der Vielen undenkbar ist. Geschichte wird gemacht.
Ganz im Sinne einer aktiven Beschäftigung mit Geschichte möchte diese Online-Ausstellung eine Beteiligung über unser kleines Projektteam hinaus ermöglichen. Erkennt Ihr eine Person auf den Fotos? Hinweise auf weitere Akteure der Aktion »1933-1945 Nachgegraben« sind herzlich willkommen, also meldet Euch gerne bei uns!
Treffen in der Topographie des Terrors am 10. April 2025 und im Gestaltungsbüro BAR PACIFICO am 26. April 2025. / Copyright: Fabian Hickethier BAR PACIFICO/ Ulrich Tempel / Stiftung Topographie des Terrors
Miriamne Fields, Jg. 1967, seit 2001 Übersetzerin (Deutsch/Englisch) mit einem Schwerpunkt auf deutscher Geschichte. Sie freut sich, an so vielen spannenden Projekten von der Stiftung Topographie des Terrors und dem Aktiven Museum mitzuwirken.
Fabian Hickethier, Jg. 1975, Konzeptioner beim Berliner Gestaltungsbüro BAR PACIFICO/. Seine Tätigkeit als Gestalter im Bereich Erinnerungsarbeit mit Schwerpunkt Nationalsozialismus begann 2002 mit der ersten Ausstellung am Bauzaun auf dem Gelände der Topographie des Terrors »Anschläge?!« zur gegenwärtigen Ausgrenzung in unserer Gesellschaft.
Jurij Hickethier, Jg. 2005, Visueller Gestalter und Performance-Artist. Er ist interessiert an der stadträumlichen Verortung von gesellschaftspolitischen Debatten – und wo es schwerfällt, diese überhaupt wahrzunehmen.
Jürgen Karwelat, Jg. 1951, Verwaltungsjurist und Mitglied im Vorstand der Berliner Geschichtswerkstatt. Berlin ist ein offenes Geschichtsbuch. Es ist wichtig, an den Orten des Terrors und Schreckens daran zu erinnern, wie schnell eine Gesellschaft in die Barbarei fallen kann. Wir haben damals ein wichtiges Zeichen gesetzt.
Gerd Kühling, Jg. 1978, Historiker und Mitglied im Vorstand des Aktiven Museums. Mit Blick auf die Erinnerungskämpfe der 1980er Jahre und die Frühgeschichte des Vereins ist für ihn besonders spannend, wie viele Personen aus unterschiedlichen Organisationen und Bereichen an der damaligen Aktion beteiligt waren – und auch, wer sich damals nicht dafür interessierte.
Christine Meibeck, Jg. 1988, Historikerin und Promotionsstudentin an der Universität Potsdam, findet, dass die Aktion zeigt, wie wichtig eine starke, mündige Zivilgesellschaft für eine wehrhafte Demokratie ist.
Kaspar Nürnberg, Jg. 1969, Historiker und Geschäftsführer des Aktiven Museums seit 2007. Er wurde in der ersten Hälfte der 1980er Jahre als Heranwachsender von seinen Eltern ungefragt mit auf die großen Friedensdemos in Bonn geschleppt und findet es deshalb interessant, wie viele Kinder und Jugendliche auch auf den Fotos zu entdecken sind.
Cornelia Siebeck, Jg. 1975, Historikerin und Mitglied des Aktiven Museums. Ihr ist es wichtig, an die geschichtskulturellen Aufbrüche seit den späten 1970er Jahren zu erinnern – auch weil das, was zwischenzeitlich erkämpft wurde, mittlerweile wieder gefährdet ist.
Ulrich Tempel, Jg. 1968, Erstes Staatsexamen Geschichte und Deutsch, Diplom-Archiv (FH), Archivar der Stiftung Topographie des Terrors. Er beschäftigt sich mit der visuellen Überlieferung zum Ort der »Topographie des Terrors« und ist fasziniert von der Vielzahl der fotografischen Zeugnisse, die es zur Aktion »1933-1945 Nachgegraben« gibt.
Leonie Teuffert, Jg. 1998, Studentin im Master Public History an der Freien Universität Berlin. Sie interessiert sich besonders für ortsgeschichtliche Erinnerungspraktiken im Stadtraum. Die Arbeit im Projektteam hat ihr viel Freude bereitet und nicht nur neue Perspektiven auf geschichtskulturelle Praktiken eröffnet, sondern auch abermals gezeigt, wie wichtig es ist, sich persönlich für Erinnerung und Demokratie einzusetzen.
Treffen im Gestaltungsbüro BAR PACIFICO am 26. April 2025. Bilder vom Grabungsort, wie er heute aussieht, entstehen am 10. April 2025. / Copyright: Fabian Hickethier BAR PACIFICO/
Eva Brücker
Amélie zu Eulenburg
Regina Gößwald
Sabine Hering
Ulrich Horb
Gesa Knolle
Helmut Maier
Susanne zur Nieden
Margit Rust
Trille Schünke-Bettinger
Patrick Schwarz
Roland Stelter
Ulrike Treziak
Günter Watermeier
Gisela Wenzel
arsenal - institut für film und videokunst e.V.
Berliner Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen
Brandenburgisches Landesamt für Denkmalpflege und Archäologisches Landesmuseum
FHXB Museum
Landesarchiv Berlin
Stiftung Berliner Mauer
Stiftung Stadtmuseum Berlin
Verein für die Geschichte Friedrichshain-Kreuzbergs e.V.
Gefördert mit Mitteln der